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1.12 Vom Grossstadtdschungel ins Naturparadies

Aktualisiert: 15. Okt. 2022

An Tagen, an denen uns unsere Fahrt in die Grossstadt führt, bin ich immer etwas zusätzlich nervös. Der Unimog ist und bleibt ein offroad Fahrzeug und Städte macht er wirklich nur uns zuliebe. Zum Glück habe ich aber immer meine aufmerksame Co-Pilotin neben mir sitzen. Sie scanned mit wachem Auge alle möglichen - und unmöglichen - Gefahren schon frühzeitig ab. Zusammen mit der freundlichen Stimme aus dem Navi sprechen also schon zwei Damen fleissig auf mich ein, damit das Achttonnen Gespann auch schnell und sicher ans Ziel kommt.


Die Anfahrt zum Haller Camping inmitten von Budapest gestaltet sich aber heute vergleichsweise einfach. Wie der Name schon sinnigerweise andeutet, liegt der Haller Campingplatz gleich hinter dem Haller Park. In Städten, wie diesen, tauschen wir also unsere sonst so beliebten Natur-Stellplätze neben Flüssen, Seen oder auf Bergspitzen mit einem ganz normalen Campingplatz für Wohnmobile. Man lernt da auch immer wieder spannende Menschen kennen. Neben drei Schweizer Wohnmobilen trafen wir auch Josef und seine Frau wieder, die wir in Tokaj schon mal am Fluss getroffen haben. Die Welt der Reisenden ist ja eigentlich klein und eine Welt für sich. Ihre Geschichten und Abenteuer sind aber immer wieder spannend. Ein solcher Austausch zwischen Reisenden ist uns viel wert, auch wenn die Ansichten über gewisse Länder, Menschen oder Situationen oft diametral auseinander gehen. Aber genau das macht sie wahrscheinlich so spannend.


Unser Standort ist eigentlich relativ zentral. Natürlich nicht gerade Downtown Citycenter, aber diese ist fussläufig in weniger als 20 Minuten erreichbar. Bei der Suche nach einem guten Restaurant haben wir aber unsere liebe Mühe. Eigentlich freue ich mich ja schon seit Szeged nochmals ein richtig gutes Gulasch zu essen. Damit wird aber in unserer Nähe eher nichts. Wir finden hingegen einen ganz tollen Japaner. Ja, wir lieben Sushi über alles und in den Grossstädten bekommt man die sowieso einfach leichter als auf dem Land.

Grosse Markthalle Budapest

Den ersten Budapest Tag beginnen wir zu Fuss. Nach langer Überlegung, wagen wir es schliesslich nicht, unsere Fat-Bikes vor der grossen Markthalle abzustellen. Also führt uns ein kleiner Spaziergang zur Donau und schliesslich zu Budapests Touristen Hotspot No. 24, der grossen Markthalle. Wir waren ja früher schon zweimal in dieser tollen Stadt und ein Besuch hier gehört schon zum festen Programm. Man findet hier fast ausschliesslich ungarische Spezialitäten, frische lokale Früchte, heimisches Gemüse und viel viel Fleisch und Wurstwaren. Als Souvenir kaufen wir uns den besten Paprika, einmal süss und einmal scharf. Anscheinend kommt der beste aus Szeged, was wir, als wir vor zwei Monaten dort waren, gar nicht so mitbekommen haben.


Gulaschsuppe als Stärkung

Bevor es nun weiter geht, müssen wir unbedingt unseren Hunger hier noch stillen. Ein Gulasch ist uns aber mittags zu viel, also begnügen wir uns mit einer Gulaschsuppe. Echt lecker. Der Geschmack des Paprikas ist einfach viel besser als zuhause. Eines müsst ihr euch merken: Wenn man die Suppe anschaut, muss die Suppe zurückschauen. Das heisst, eine Gulaschsuppe kann nur dann gut sein, wenn sie Fettaugen hat. Und unsere hat sie, einfach köstlich.



Fotokunst am Ziggurat

Das Wetter ist für die Jahreszeit zwar viel zu kühl, aber wunderschön sonnig und daher trotzdem ganz angenehm. Wir marschieren kreuz und quer durch die Stadt, über die Donau und wieder zurück und schliesslich entlang der Donau bis runter zum Ludwig Museum. Mit vielen Bildern im Kasten und geschätzten 12 Kilometern in den Beinen legen wir uns am Abend schon zeitig ins Bett und horchen den Frachtflugzeugen, die ab 22 Uhr für ein, zwei Stunden im Tiefflug über unseren Stadtteil düsen.


Am folgenden Tag kommen dann wieder einmal unsere Fatbikes zum Einsatz. Auf dem Campingplatz sind sie genauso eine Attraktion wie unser Unimog. Oft werden sie für kleine Motorräder gehalten. Wegen des eingeklappten Lenkers und des fehlenden Sattels verstehen aber viele Leute nicht, was denn diese Dinger überhaupt sind. E-Fatis eben. Ein gutes Schweizer Produkt mit den besten Rohmaterialien aus China. Mit unseren Fatbikes fahren wir nun zuerst mal durch den Haller Park und danach entlang der Donau bis ins Zentrum. Dort tun wir uns dann etwas schwer mit einem Fahrradweg. Immer wieder kommt es vor, dass der Fahrradweg einfach endet, in eine mehrspurige Strasse mündet oder von einer Baustelle verschluckt wird. Wir machen das Beste draus und erreichen schliesslich doch noch die im Norden der Stadt liegende Margareteninsel als es leicht zu regnen beginnt. Auf der Rückfahrt am rechten Donauufer müssen wir dann auch noch ein zweites mal unter Bäumen Zuflucht suchen. Hier wird nun auch das Radfahren viel angenehmer, da die Wege gut angelegt und durchgehend sind. Der Blick auf den Palast von der gegenüberliegenden Buda Seite ist sehr imposant und eine Überquerung einer der vielen Stahlbrücken sowieso. Zur Aperozeit verziehen sich zum Glück die schwarzen Wolken und wir geniessen einen wunderschönen Sundowner in einem der trendigen Lokale direkt an der Uferpromenade.




Unsere Lieblingssüssspeise: Ungarischer Baumkuchen sprich Kürtöskalacs

So schön dieser Fahrradausflug auch war, die dauernden Sirenen von Ambulanz und Polizei, der hektische Strassen und schlafraubende Flugverkehr, die Abgase und die unglaublich weit vorgeschrittene Verbreitung von 5G Antennen kreieren einen Grossstadtdschungel, der meiner lieben Frau zusetzt. Nach der dritten unruhigen Nacht beschliessen wir, uns wieder raus in die Natur zu begeben und so fahren wir heute nordwärts Richtung Donauknie nach Visegrad.



Donauknie bei Visegrad

Blick von der Zitadelle über's Donauknie

Die Fahrt führt uns, wie tags zuvor mit dem Rad, entlang der Buda Seite mit einem tollen Blick auf Pest. So erklärt sich der Stadtnamen Budapest ganz einfach mit den zwei Stadtteilen links und rechts des Donauufers. Eine gute Stunde nachdem wir Ungarns Hauptstadt hinter uns gelassen haben, erreichen wir dann auch schon unsere Zielregion am Donauknie. Ein Besuch des 250 Meter hohen Visegrader Hausberges mit der Zitadelle, darf hier natürlich nicht fehlen. Die gut erhaltenen mittelalterliche Doppel-Burg bietet einen einmaligen Rundumblick und natürlich ein Eintauchen in die hiesige Geschichte. Die international bekannten Visegrader Palastspiele haben wir zwar leider verpasst, trotzdem bekommen wir davon so einiges von der anschaulichen Ausstellung auf der Festung mit.





Am Abend stehen wir dann selbstverständlich wieder einmal direkt an der Donau, so wie man das vermutlich nur in Ungarn oder Rumänien tun kann. Kaum zehn Meter trennen uns vom Flussufer und hier hat es nicht einmal Fischer. Es ist nun wirklich höchste Zeit, dass wir auch endlich einmal unseren Edelstahl-Grill testen. Mit ein paar leckeren Speckwürstchen, die wir bei Dämmerung auf die heisse Glut schmeissen, können wir auch dieses Equipment mit einem «funktioniert» abhaken.




Kameras, Flutlichter und andere Geheimwaffen...

Ein paar Stunden nach Einbruch der Dunkelheit bekommen wir dann doch noch Besuch. Wir hören Gejohle von jungen Männern. Zu vorgerückter Stunde ist das immer mit etwas Unbehagen verbunden. Man weiss ja nie, in welchem Gemütszustand sich die nächtlichen Besucher befinden. Unsere Nachtsichtkameras zeigen nicht viel, zu uneinsichtig ist die unmittelbare Umgebung. Die Stimmen werden immer lauter und beunruhigender, es scheinen mehrere zu sein. Wir schalten zur Kampfansage mal unsere Flutlichter ein, die rundherum die Nacht zum Tag werden lassen. Und da sehen wir die Störenfriede auch schon im An-, respektive Vorbeimarsch. Mit den Kapuzen bis zu den Augen heruntergezogen marschieren sie in Einerkolonne an unserem Fahrzeug vorbei. Weg sind sie. Ob die Situation wirklich Konfliktpotential hatte? Wir werden es wohl nie mit Gewissheit wissen. Jedenfalls verlief sie für uns, dank den Nachtstrahler, planmässig.


Das Wetter verschlechtert sich wieder am nächsten Tag, es ist Wochenende. Wir geniessen die Ruhe und bleiben trotz dem kleinen Zwischenfall von letzter Nacht noch einen Tag länger an diesem idyllischen Ort. Nur ein paar Kilometer weiter flussaufwärts beginnt auf der gegenüberliegenden Flussseite die Slovakei. Unsere Route führt uns also nicht mehr weiter nordwärts, sondern von hier aus nur noch in den Westen.

Unser nächstes Etappenziel ist Tata. Eigentlich waren die ursprünglich geplanten Sehenswürdigkeiten ein weiteres Esterhazy Schloss und natürlich die Burg von Tata. Wir sind aber nach dem Grossstadtdschungel eher auf Natur eingestellt und ziehen den Fenyes Naturlehrpfad, den magischen Zauberwald von Tata den Schlössern vor. Dort bietet sich uns nämlich auch eine fantastische Übernachtungsmöglichkeit unter stämmigen Bäumen.



Natur pur in Tata. Türkise Karstquellen mit unvergleichlicher Flora und Fauna

Wir betreten hier ein Sumpfgebiet, wo täglich 25000 Kubikmeter Wasser aus der Erde quellen. Diese Karstquellen sind kristallklar, hier grün, dort türkis und Sommer wie Winter angenehme 22 Grad Celsius «warm». Da wundert es nicht, dass sich hier viele Tierarten sehr wohl fühlen. Entsprechend auch die Geräuschkulisse. Vom Vogelgezwitscher zum Froschquaken, querbeet, Natur pur. Der über einen Kilometer lange Lehrpfad führt an 18 Stationen über Stege und Hängebrücken und auch hinauf auf Beobachtungsplattformen. Es ist sehr entspannend hier und faszinierend zugleich und es zeigt uns Ungarn noch von einer ganz anderen Seite. Es gefällt uns so gut, dass wir das Nachmittagsprogramm mit Burg und Schloss gleich weglassen und unsere Zeit heute ausschliesslich in diesem Naturparadies verbringen.




Wir nähern uns ja bereits schon wieder Westungarn und somit dem Ende unserer FRAME Jungferntour durch Rumänien und Ungarn. Zum krönenden Abschluss zieht Ungarn aber nochmals alle Register. Die letzten Etappen unserer fast 7000 Kilometer langen Tour zum Schwarzen Meer und zurück führt uns nun noch von Bokod, dem schwimmenden Dorf, über das UNESCO Welterbe in Pannonhalma schliesslich in die baroke Stadt der Flüsse nach Györ.


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