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1.7 FRAME CHARITY: Besuch im Kinderheim

Der Weg hinunter von der Transalpina über den Vidra-See führt uns über einen kleinen Pass ins Tal der Bienen. Wir fahren ostwärts an unzähligen Bienen Camions vorbei und suchen uns schliesslich einen aus, um unseren Honig Vorrat wieder etwas aufzustocken. Wenn man Bären sehen will, muss man doch Honig dabei haben, ist unsere Devise. Und Bären haben wir bis heute noch immer nicht gesehen. Also gehen wir aufs Ganze! ;-)


Im Tal der Bienen zwischen Vidra See und Malaia

Wir schaffen es gerade noch bis Bezoi, als uns ein grosses Gewitter überrascht. Zum Glück sind wir in einer Fahrpause auf einem grossen Parkplatz und können hier das Unwetter aussitzen.


Heute brauchen wir unbedingt wieder unseren Wassertank aufzufüllen. Bei der zweiten angesteuerten Tankstelle werden wir bereits fündig. Es ist immer eine grosse Erleichterung, wenn die Vorräte wieder voll sind. Die Weiterfahrt nach Sibiu wird dann endlich etwas entspannter. Die Berge und somit die kurvenreiche Strecke haben wir nun hinter uns. Am späten Nachmittag fahren wir dann endlich in Hermannstadt, so der deutsche Name von Sibiu, ein. Es ist Sonntag und der Verkehr ist vermutlich geringer als unter der Woche. Wir parken am Rande des Zentralfriedhofes. Beim abendlichen Spaziergang entdecken wir den grössten Friedhof, den wir je gesehen haben. Es gibt hier regelrechte Strassen, die quer durch diesen Gottesacker führen. In Rumänien gibt es eigentlich ausschliesslich Familiengräber. Diese sind natürlich um einiges grösser, als was wir von zuhause kennen. Die Namensvielfalt scheint hingegen geringer. Spannend ist ein Gang durch einen ausländischen Friedhof alle weil.


Dass sich am Friedhof abends noch dunkle Gestalten rumtreiben, damit hätten wir rechnen können. Die am FRAME montierten Nachtsichtkameras halten uns da ja über jede Transaktion auf dem Laufenden. Unsere Phantasie verarbeitet das Gesehene zu wunderbaren Krimis. Irgendwann übermannt uns dann aber doch der Schlaf und die Jungs da draussen ziehen wohl einfach nur weiter in die Disco.



Montag ist nun also Grosswaschtag. Bei der Fahrt zum nur drei Kilometer entfernten Waschsalon fällt uns schnell auf, dass dies kein normaler Montag sein kann. Frauen in traditioneller Kleidung und viel zu wenig Bewegung in den Strassen. Es ist Mariä Himmelfahrt, ein landesweiter Feiertag. Der Salon ist zum Glück trotzdem offen und er ist sogar leer. Das bedeutet für uns speditives Waschen und Trocknen, sodass wir schon gegen Mittag fertig sind. Wir gönnen uns wieder einmal eine Mahlzeit auf einer gemütlichen Restaurant Terrasse bevor wir uns dann weiter Richtung Osten auf den Weg machen.


Dank Vorausplanung finden wir immer einen schönen Übernachtungsplatz, wie hier ausserhalb Sibiu

St. John Kathedrale in Fagaras

Die Gegend zwischen Sibiu und Brasov, das wir nun anstreben, ist im Vergleich zu den bisherigen Strecken sehr mittelmässig. Die Strassen aber nach wie vor sehr gut und wir kommen bestens voran. Das brauchen wir nun auch, denn seit gestern ist unsere Klimaanlage im Fahrerhaus kaputt. Sie bläst zwar, aber sie kühlt nicht. Bei Temperaturen so um die 30°C heisst das einfach Fenster auf. Natürlich ist die Beifahrerin immer noch viel stärker betroffen von der Hitze, da wir noch täglich in östlicher, respektive südöstlicher Richtung fahren. Bis zum Schwarzen Meer wird das wohl so bleiben. Für Brigitte, die nicht gerne friert, betrachte ich das als eine Belohnung ;-)


Klimaanlage Reparatur No.1: Ausser Spesen, nichts gewesen

In Brasov dann der erste Versuch die Klimaanlage wieder in Gang zu bringen. Nach einer zweistündigen Analyse und der Feststellung, dass eins der vier Relais nicht mehr richtig funktioniert, wird die Übung dann aber leider doch abgebrochen. 24-Volt Relais haben sie hier nicht. Ausser Spesen nichts gewesen. Wir fahren zirka zehn Kilometer nordwärts aus der Stadt, um einmal mehr an einem kleinen Fluss zu übernachten. Die Gegend sieht sehr arm aus und entsprechend hoch ist der Vermüllungsfaktor. Unser Standplatz ist aber erstaunlich gut, ruhig und inmitten von wildem Salbei. Nach den Heidelbeeren im Apuseni und auf der Transalpina, den Brombeeren in Hunedoara nun frischer Salbei. Mutter Erde ist doch ein wunderbarer, riesiger Garten. Brasov ist übrigens wie Sibiu, Sigishoara und Alba Iulia eine fantastische siebenbürgische Stadt und unbedingt eine Reise wert. Darum haben wir sie alle schon ausgiebig besucht, als wir in Rumänien wohnten und fahren auf dieser Reise nicht mit dem Unimog zum Städte-Seightseeing.



Tags darauf versuchen wir unser Glück noch beim Scania Truck Center und schliesslich auch bei Mercedes. Wir sind schockiert, wie überlastet diese Unternehmen alle sind. Keine Mitarbeiter, keine Kapazitäten. Wartelisten, wie im Gault Milaut Restaurant. Wir entscheiden uns, trotz der Hitze, ohne Klimaanlage weiterzufahren, denn wir haben eine Mission und wollen am Donnerstag in Valea Lupului eintreffen. Dort haben wir uns mit Cornelia Fischer verabredet, der Gründerin eines Kinderheims, welches wir für unser karitatives Projekt ausgesucht haben. Mehr dazu gleich.


Tanken in Harmonie: Man beachte die Farbabstimmung ;-)

Die heutige Fahrstrecke führt uns von Brasov südostwärts in Richtung Lacul Sirius, ein Stausee, der die Buzau im gleichnamigen Kreis (vgl. Kanton) staut. Rumänien ist in 41 Kreise (Judete) eingeteilt. Buzau, mit der gleichnamigen Kreishauptstadt weiter südwärts, ist eines davon. Die Gegend sieht etwa so aus wie in den Voralpen, nicht spektakulär, aber dank dem See doch sehr interessant. Wir hoffen auf ein Nachtlager mit Seeblick. Laut den Koordinaten könnte das klappen. Die Realität sieht aber etwas anders aus. Ihr habt das sicher auch schon erlebt: Der Hotel Prospekt verspricht «Zimmer mit seitlichem Meerblick» Aber ohne sich lebensgefährlich über den Balkon zu lehnen, kann man ausser Hochhausfassaden kaum ein Meerblick erhaschen. So etwa war unser Seeblick am angepriesenen Park4Night Standort. Trotzdem war es schön und ruhig und wie so oft bekamen wir kostenlose Bewachung eines hier lebenden Vierbeiners.



Nur noch zirka 20 Kilometer trennen uns von unserem Ziel in Valea Lupului. Valea Lupului bedeutet ja eigentlich Wolfstal. Hier ist es aber die Bezeichnung für ein Dorf im Tal der Buzau. Dem Namen gerecht, sahen wir aber tatsächlich unweit von Valea Lupului schon mal einen alten Wolf, als wir vor mehreren Jahren hierher kamen.


Stellplatz im "Garten" der Pension Valea Lupului

Heute nehmen wir es entsprechend gemütlich und verschieben die Weiterfahrt vom "Platz mit Seeblick" auf den Nachmittag. Zum Abendessen treffen wir uns mit Cornelia in der Pension Valea Lupului, hinter welcher wir auch Park- und Übernachtungserlaubnis bekommen. Wir stehen also quasi mitten im Dorf unweit einer Bahnlinie, wo ab und zu eine ins Alter gekommene Lok durchfährt.


Cornelia erzählt uns während dem Abendessen die letzten Neuigkeiten aus der Region. Wir haben uns seit vier oder fünf Jahren nicht mehr gesehen. Das letzte mal waren wir mit ihr auch im Kinderheim, das ganz in der Nähe von hier in Panatau liegt. Die Kinder, die wir damals getroffen haben, sind natürlich entsprechend gewachsen und vermutlich kaum wiederzuerkennen. Wir freuen uns schon riesig auf den Besuch, der auf den kommenden Morgen angesetzt wird.

Cornelia ist eine Tausendsassa, ein weiblicher Hansdampf in allen Gassen. Sie kümmert sich nicht nur schon seit über 30 Jahren mit grosser Hingabe um die vernachlässigten Kinder der Gesellschaft, sondern erzählt uns nun auch noch von ihren Projekten für Tourismus und Umweltschutz.


Die Kinderheim Organisation wurde nach der Ära Ceausescu von Amurtel ins Leben gerufen. Als Amurtel Familie bezeichnet, bildet sie einen Hybrid einer Foster Family und einem klassischen Kinderheim. Die heute 14 Kinder wachsen also wie in einer Grossfamilie zusammen unter ständiger professioneller Betreuung auf. Da nimmt die psychologische Betreuung einen wichtigen Platz ein, denn die Kinder haben alle eine meist komplizierte und unschöne Vorgeschichte. Einige wurden als Neugeborene ausgesetzt, andere wuchsen in zerrütteten Familien, teils auch unter Gewalt auf. Wieder andere sind traumatisiert von Erlebnissen, die man im jungen Alter einfach nicht haben dürfte. In Cornelias Grossfamilie sind sie auf jeden Fall in guten Händen und unter besten Voraussetzungen für eine gesunde Entwicklung.


Mit riesiger Vorfreude fahren wir also am kommenden Morgen nach Panatau ins Kinderheim. Wir erkennen trotz den verstrichenen Jahren das eine oder andere Familienmitglied. Wie meistens sind die Kinder auch bei unserer Ankunft gerade mit etwas Sinnvollem beschäftigt. Ein Grossteil ist im Garten und gerade an der Zubereitung einer vegetarischen Speise in einem gigantischen Kochtopf. Gastfreundlich, wie sie immer sind, dürfen wir auch gleich von der Speise kosten. Da merkt man sofort, es wird nicht nur sehr gut, sondern auch mit viel Liebe gekocht. Die Speise schmeckt schlichtweg himmlisch.



Wir verbringen eine kurze, aber sehr schöne Zeit in der Amurtel Familie. Brigitte zückt einmal mehr Ihre Polaroid Instant Kamera. Die Kids lieben es, sich selbst auf den Bildern zu sehen und zwar gleich. Die Jüngeren unter ihnen finden auch an den mitgebrachten Seifenblasen und Stickers ungemein viel Freude. Schliesslich holen wir drei grosse Kisten unserer Spenden aus dem Unimog. Von guter Kleidung, fast neuen Schuhen, modischen Gürtel, Accessoires und Gadgets, die sich als Geschenke anbieten, sowie ein bisschen Elektronik hat es für jeden Geschmack etwas in den Boxen. Die Kinder freut es, uns freut es und unsere lieben Freunde zu Hause, die mitgespendet haben, soll es nun auch freuen. Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es, kommt mir da gerade von Erich Kästner in den Sinn. Sollten wir das nicht täglich tun?



Im weiteren Verlauf diskutieren wir mit Cornelia noch über Gott und die Welt. Sie gibt uns Beispiele der Schicksale ihrer Amurtel Familienmitglieder und erzählt uns von ihrer Pension, in der die Kinder als Ausgewachsene Arbeitsmöglichkeiten und Integration in die Gesellschaft finden können. Sie und Brigitte sind ja beide ehemalige Krankenschwestern und haben somit schon berufsbedingt viele gemeinsame Erfahrungen. Cornelia ist aber auch weitgereist und sehr weltoffen, ideale Voraussetzungen für spannende Gespräche, die wir beide sehr geniessen.


Gruppenbild mit Dame: Cornelia Fischer ganz rechts

Der Tag, mit den Kindern und Cornelia war ein wunderschöner Tag. Wir wollen aber im Anschluss noch weiterfahren und heute noch geschätzte 50 Kilometer unter die Räder bringen. Es erwartet uns nämlich ein nächstes Highlight unserer Reise. Unsere guten, alten Freunde Walter und Larissa haben uns spontan eingeladen und erwarten uns noch heute Abend auf ihrem fantastischen Weingut von LacertA, am nördlichen Rande der Walachei.


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