top of page

2.5 Abenteuerliche Überquerung des Hohen Atlas

Auf diesen Teil unseres Marokko Abenteuers haben wir uns schon seit langem sehr gefreut. Wir sind eben Kinder der Berge und Höhen, geniessen da sowohl die immense Weitsicht als auch die frische Bergluft. Der Hohe Atlas, den wir jetzt durchqueren werden, gilt diesbezüglich schon als episch und ist natürlich besonders für uns Overlander ein must-do. Dass es gleich mehrere Abschnitte unserer geplanten Strecke auf die Liste der gefährlichsten Strassen der Welt schafften, wussten wir natürlich erst im Nachhinein, macht die Herausforderung aber umso abenteuerlicher. Kurzbeschrieb siehe hier oder hier.


Das Abenteuer beginnt nun also eher unfreiwillig vor den Toren der Marokkanischen Militärkaserne gleich gegenüber der Gendarmerie Royal, wo wir die letzte Nacht in der Obhut der Sicherheitsbehörden verbringen durften;-). Wir fahren nun die 20 Kilometer, die wir letzte Nacht im Blaulicht Konvoi zurücklegen durften, ganz alleine wieder zurück. Irgendwie vermissen wir die grosse Beachtung von letzter Nacht, aber sicher fühlen wir uns natürlich auch ohne das Trara.


Unsere Strecke führt uns auch heute wieder in südwestlicher Richtung zuerst noch parallel entlang des Atlas Massivs durch zahlreiche Kleinstädte, die von eher unspektakulär bis total faszinierend eingestuft werden können. Da wir den Umständen entsprechend schon zeitig unterwegs sind, ist auch das Licht, der noch immer tief stehenden Wintersonne, besonders warm und kontrastreich. Es herrscht emsiges Treiben in den Städtchen und das Durchschlängeln im Gewusel von Fahrzeugen und Fussgängern wird schon bald zur Routine. In Beni Mellal gibt es einen allerletzten Boxenstopp in einem Carrefour, sowie an der Tankstelle, wo wir für unglaubliche 13.97 Dirham pro Liter (1.27 CHF) zuschlagen. Da macht Volltanken wieder mehr Spass! Wir füllen also unseren FRAME, wie kaum zuvor mit Proviant und guten Getränken. Wer glaubt, dass es in diesem moslemischen Land kein Schweinefleisch oder Alkohol gibt, der sei hier eines Besseren belehrt. Dass Sauerkraut mit Speck und einem Casablanca Bier im Hohen Atlas besonders gut schmecken, brauche ich wohl auch niemandem zu verschweigen. Selbst die Rotweine «made in Morocco» sind nicht zu verachten. Mit all diesen Vorräten sind wir nun gut bestückt, denn wer weiss, wie lange wir im Hohen Atlas stecken werden. Notfalls könnten wir wohl mehrere Wochen durchstehen. Dank der vorausgesagten langen Schönwetterlage haben wir auf jeden Fall keine Eile und wollen die Querung in vollen Zügen geniessen.


Kurz nach Oulad Embarek biegen wir schliesslich links ab. Ab nun geht es aufwärts. Unser Unimog pustet sich im konstanten Tempo die Kehren hinauf über den ersten Pass mit Ziel Bin el Quidane Stausee. Der erste potentielle Übernachtungsplatz ist leider schon vergeben. Franzosen, die gerade aus dem Senegal zurückgekehrt sind, haben sich dort häuslich eingerichtet. Wir tauschen uns kurz aus, betreffend der Schneelage in den Bergen, denn wir sehen lauter weisse Gipfel in der Ferne. Sie sind zwar auf einer anderen Route heraufgefahren, aber Probleme sehen sie keine. Mit einem Fahrzeug, wie unserem, sowieso nicht. Diesen Zusatz hören wir öfters, weil unser FRAME so potent daher kommt. Auf Schnee sind unsere Stollenreifen aber nicht das Gelbe vom Ei. Schnee wollen wir auf diesen steilen Bergstrassen daher partout vermeiden.

Angekommen auf Planet Mars

Wir lassen den Senegal Rückkehrer ihre Privatsphäre und machen uns auf die Suche unseres eigenen kleinen Reiches. Schliesslich ist heute Heiligabend und da gehört unsere ganze Aufmerksamkeit unseren Liebsten zuhause. Kaum fünf Kilometer weiter dem Stauseeufer entlang werden wir schliesslich fündig. Wir fahren hinunter in das bis auf 12% nahezu ausgetrocknete Seebecken und glauben nicht zuletzt wegen der roten Erde auf dem Mars angekommen zu sein. Karge Einöde, die so speziell ist, dass sie faszinierend schön auf uns wirkt. Und schliesslich auch noch der Blick auf den See oder vielmehr was davon übrig geblieben ist. Beruhigende Stille! Hier wollen wir bleiben, hier ist unser Platz für die Weihnachtstage.


Mit Blick auf den Bin El Quidane Stausee, oder was davon übrig geblieben ist

Unser neues Zuhause auf dem Mars ist zwar ruhig, aber nicht komplett einsam. Immer wieder sehen wir in der Ferne Hirten mit ihren Ziegen und Schafen vorbeiziehen. Am heutigen Morgen kommt uns der nächst gelegene Nachbar besuchen. Eine kleine Baumschule mit Pinien und Olivenbäumen befindet sich ein paar hundert Meter über uns, am eigentlichen Seeufer, wenn der See wirklich voll ist. Ismail, ein Berber im mittleren Alter stellt sich vor. Er spricht sehr gut französisch und ist hierher zu seinen Eltern gezogen, nachdem er jahrelang in der Grossstadt gelebt hat. Auch er geniesst diese Ruhe, die Natur und das stressfreie Dasein hier am Quidane. Er erzählt uns viel über das Leben der Berber, den Stausee und den Hohen Atlas. Der See war tatsächlich bis 2015 randvoll. Da, wo wir heute stehen, wären wir zirka 20 Meter unter Wasser gewesen.


Wir geniessen die Feiertage auch ganz ohne Lichterketten, Weihnachtsrummel und Geschenke. Unser Geschenk ist dieser Ort, wie auf einem anderen Planeten und das Privileg, es hier so komfortabel geniessen zu dürfen. Natürlich arbeiten wir auch wieder an unseren Bildern, Videos und Blogs. Zum Glück haben wir auch hier wieder einigermassen gute Internetverbindung, das uns erlaubt, mit der «anderen Welt», der Welt im Hamsterrad, der Welt des Kommerzes in Verbindung zu bleiben. Vielleicht brauchen wir das, damit wir den Bezug zur Realität nicht komplett verlieren und unsere jetzige Realität auch immer schätzen können.


Lichter am Himmel anstatt am Weihnachtsbaum

Heute geht es wieder weiter. Schweren Herzens verabschieden wir uns von Mars und unserem lieben Nachbarn Ismail. Wir bewegen uns weiter südwärts, immer so zwischen tausend und zweitausend Höhenmetern. Noch einmal kommen wir an einem kleinen Städtchen vorbei, wir sind nun in Azilal. Brigittes SIM Karte hat frühzeitig den Geist aufgegeben. Wir machen uns in diesem Bergstätdchen auf die Suche diese wieder aufzuladen. Zum Glück kaufen wir uns immer zwei unterschiedliche SIM Karten, das heisst von verschiedenen Anbietern. Nur allzu oft hat die eine Verbindung und die andere nicht, somit können wir uns gegenseitig mit Datenverbindung via Hotspot aushelfen und haben Gewähr, auch mit der Welt verbunden zu sein. Bis jetzt hat das immer prima geklappt. Neben der SIM Recharge gibt es noch ein wenig Brot. Wir kaufen Sage und Schreibe zwei runde Fladenbrote (die zwei Finger dicken!) und ein Baguette für drei Dirham. Das sind gerade mal 30 Cents für weit über ein halbes Kilo Brot. Da bleibt selbstverständlich auch für die flehenden Hände noch etwas übrig. Die Bettelei hält sich hier in Marokko übrigens in Grenzen. Natürlich werden wir speziell beim Einparken immer wieder mal angebettelt, dies geschieht aber nie aufdringlich oder aggressiv. Wir haben damit bis heute keine Probleme gehabt.


Nach den Erledigungen machen wir uns endlich auf zum Berg. Wir gewinnen rasch an Höhe auf der immer noch geteerten Strasse in Richtung des Tizi n' Tirghist. (Tizi = Pass). Da ich etwas unter der Höhe leide, wollen wir heute noch nicht bis ganz hinauf. Wir tasten uns gerne etwas langsam an die Höhe ran. Nicht das Überqueren, sondern das Übernachten in der Höhe ist, was mir ab und zu Mühe bereitet. Die letzte Nacht auf Mars waren wir ja nur auf bescheidenen 700m ü.M. also sollte es heute nicht viel mehr als 2000 Meter werden. Etwas nach Ait M'Hamed sehen wir einen wunderbar verschneiten Jbel Azourki in der Abendsonne glitzern. Dieses Setting passt perfekt. Da wir eh schon knapp über unserem 2'000 Meter Limit sind, fahren wir auf den nächsten kleinen Abbieger, der zu einer verlassen zu scheinenden Steinhütte führt. Es dauert nicht lange, da setzen sich ein Mann und drei Kinder in zirka 50 Meter Distanz von unserem Wagen zwischen die kalten unbequemen Steinbrocken und beobachten auffällig unauffällig unser Gefährt. Die Sonne ist schon sehr nahe an den Berggipfel und es ist empfindlich kühler geworden, also ziehe ich mich mal kurz warm an und geh raus, um mit den scheuen Beobachtern etwas Konversation zu führen.

In die Natur integriert. Bergdorf auf dem Weg zum Tizi n' Tirghist

Zwei der Kinder scheinen zur Steinhütte zu gehören, der Erwachsene und das dritte Kind wohnen etwas weiter unten. Mit Händen und Füssen können wir uns knapp verständigen. Mein Arabisch ist leider gerade so schlecht, wie ihr Französisch. Nach einer Weile gesellt sich ein weiterer Erwachsener in der traditionellen Berberkutte hinzu. Er gibt mir zu verstehen, dass wir hier nicht bleiben sollten. «Nicht schon wieder», denke ich mir. Auch er beginnt zu telefonieren. Ich frage mich, wie man solche Situationen gemeistert hat, als es noch keine Mobiltelefone gab. Auch er will nun unsere Pässe sehen und unsere Stimmung fällt allmählich in den Keller. Wir erleben gerade ein Deja-vu. Es ist bereits wieder dunkel, als wir uns schliesslich darauf einigen, einfach etwas näher an die Steinhütte heranzufahren, wo wir von der Strasse nicht mehr so gut sichtbar sind. Die Sache mit der vermeintlichen Unsicherheit nervt uns ein wenig, vor allem haben wir darüber in den Marokko Foren so gut wie nichts gelesen. Zugegeben, wir bewegen uns hier nicht auf der klassischen Touristenstrecke über den Atlas und Ausländer haben wir bis auf die Senegal Rückkehrer schon länger nicht mehr gesehen. Trotzdem verwundert uns die plötzliche Besorgnis um uns Touristen in dieser so wunderschönen Gegend. Wir schlafen nun also im Schutz der beiden Kinder und zwei Hunden neben dem Steinhaus, Erwachsene haben wir vor diesem Haus nie gesehen.


Dem Hohen Atlas schon ganz nah. Blick auf den schneebedeckten Jbel Azourki

Stellplatz neben der Steinhütte

Auch am nächsten Morgen erwachen wir immer noch lebendig. Ganz so gut schläft man aber unter solchen Umständen dann doch nicht. Der schöne Tag lässt uns unsere Müdigkeit aber schnell wieder vergessen. Wir passieren den zweiten Tizi und fahren durch wirklich ganz interessante fotogene Dörfer. Immer wieder halten wir an, um ein Foto zu schiessen und finden dabei auch oft eine Gelegenheit unsere mitgebrachten Süssigkeiten oder Kleinstspielsachen an die neugierigen Kinder zu verteilen. Entsprechend langsam kommen wir voran zum heute anvisierten nächsten Höhepunkt unserer Reise, den 2'933m ü.M. liegenden Tizi n'Ait Imi.


Panorama Route erster Klasse

Wir sind nun wieder knapp unter 2'000 Metern und biegen kurz nach Imelghas links ab auf eine Strasse dritter Klasse. Asphalt wechselt nun häufig mit Naturstrasse und für den Gegenverkehr hat es nur noch beschränkt Platz neben unserem Dickschiff. Pro Tag kommen uns aber kaum noch mehr als ein halbes Dutzend Fahrzeuge entgegen. Ausser Hirten mit ihren Schafen und Ziegen trifft man in dieser atemberaubenden Gegend niemanden mehr. Kurz nach Mittag haben wir es dann geschafft. Der Tizi n'Ait Imi ist bezwungen. Sowohl vor wie auch hinter dem Pass bietet sich uns ein tolles Panorama. Schnee hat es nur gerade in den Schattenlöchern zwischen den Steinen der Nordseite. Wir geniessen gerade die Sonne und die Aussicht, als schliesslich doch noch ein Fahrzeug mit vier jungen Marokkanern aus der Hauptstadt den Pass erklimmen. Eine kurze Fotosession mit FRAME und weiter geht es auch für uns.


Auf der Passhöhe des Tizi n'Ait Imi auf 2'933m ü. M.


Abfahrt von Tizi auf die Südseite., steil und ungesichert

Wir fahren nun noch langsamer den Berg hinunter als wir ihn heraufgefahren sind. Immer schön im richtigen Gang, sodass die Motorbremse die Hauptarbeit leisten kann. Die Spitzkehren sind zwar eng, für unseren Unimog aber gerade noch machbar ohne ein zweites mal ansetzen zu müssen. Wir sind bereits wieder auf 2'400m ü. M. angekommen, als wir ein von der Strasse nicht einsehbaren steilen Weg hinunter ins ausgetrocknete Bachbett zu unserem Übernachtungsplatz einschlagen. Hier kann uns keiner sehen, hier fühlen wir uns sicher, auch vor den besorgten Sicherheitskräften. Nachts hat es auf dieser Strecke eh kein Verkehr, nur frühmorgens kommt uns ein Schafhirte mit seinem Esel besuchen, dem ich mit meinen mitgebrachten Winterstiefel unheimlich viel Freude bereiten kann.




Kontrolle nach Druckverlust bei 2'400 Metern Höhe und Minustemperaturen

Heute kommt nun sozusagen die Königsetappe. Wir wollen im alten Jahr noch einmal ganz hoch hinaus. Der Aufstieg zum knapp über dreitausend Meter hohen Tizi n' Ait Hmed, der in unserem GPS auch als Tizi n' Fougani bezeichnet ist, gestaltet sich einmal mehr erstaunlich einfach. Nicht zuletzt dank dem super Wetter und null Verkehr.


Die Gesteinsformationen wechseln noch einmal von steil zu schroff, sodass man auf jedem Felsvorsprung einen Indianer erwarten könnte. Zum Schluss kommen dann nur noch Kehren auf Kehren, es gilt nun einfach noch die nötige Höhe zu gewinnen. Auch dieser Tizi gleicht dem gestrigen in der Art und Weise, wie der Pass komplett auf dem Grat in die Felsen gehauen ist. «Durch diese hohle Gasse muss er kommen» denkt man sich schnell einmal als Schweizer.



Und da steht er dann auch schon, unser FRAME, als wäre es für ihn ein Klacks schnell mal auf einen Dreitausender zu klettern. Die Aussicht hier im Hohen Atlas ist einfach etwas Besonderes. Habe ich das schon mal gesagt? Vielleicht weil es einfach so überwältigend ist. Und im Gegensatz zu den hohen Alpenpässen herrscht hier oben eine Stille, die schon fast unheimlich ist. Wie kann es sein, dass man geschätzte hundert Kilometer in alle Richtungen sehen kann ohne auch nur das geringste Geräusch ausser vielleicht das leise Säuseln des Windes? Unsere Sinnesorgane sind das – leider – gar nicht mehr gewohnt.



Geschafft! Hoher Atlas bei strahlendem Sonnenschein

Nach einer guten Stunde ganz alleine auf dem Pass müssen wir leider auch schon wieder an den Abstieg denken, um allen Eventualitäten vorzubeugen. Unser Ziel ist auf dem gegenüberliegenden von hier oben gesehen eher flach wirkenden Bergrücken einen geeigneten Stellplatz zu finden. Auf der Karte sind da kleine Bergseen eingetragen und ganz unten im Tal scheint sich tatsächlich ein kleiner Fluss im Sonnenlicht zu spiegeln. Das ist in der Tat das erste fliessende Gewässer, das wir seit Beginn der Atlas Etappe erblicken. Flussläufe und Bergbäche auf der Atlas Nordseite waren allesamt ausgetrocknet und widerspiegelten die fast leeren Stauseen. Wir haben zwar noch einen halb vollen Wassertank, aber diese Gelegenheit eines fliessenden Gewässers wollen wir uns nicht entgehen lassen. Frisches Bergquellwasser vom Atlas! Hat man ja auch nicht alle Tage. Am Flussbett angekommen scharen sich wie so oft gleich zwei Dutzend helfende Hände um unser Fahrzeug. Die Kinder kommen vom nahegelegenen Dorf und die Schule sei schon aus. Mit ein paar Brocken Französisch der grösseren unter ihnen klappt die Kommunikation ganz gut. Schlauch auslegen, Kompressor anschliessen, einmal Durchspülen bitte! Die Kinder haben grosse Freude uns bei dieser Übung assistieren zu dürfen und wir haben grosse Freude wieder einen vollen Frischwassertank zu bekommen. Selbstverständlich gibt es für die Arbeit den entsprechenden Lohn. Neben den üblichen Kleinigkeiten zückt Brigitte einmal mehr die Polaroid, um auch unseren Helfern ein bleibendes Souvenir dieser gastfreundlichen Begegnung mit auf den Weg zu geben.




Nach dem Wassertanken vom Fluss gibt's Waschtag

Der Stellplatz Bezug am Zielort gestaltet sich schliesslich einfach. Bergseen sind aber weit und breit keine in Sicht. Das heisst, die waren schon mal hier, aber zur Zeit sind auch diese wieder ausgetrocknet. Der Bergbach vorher im Tal war wohl wirklich eine Ausnahme. Kaum sind wir ein paar hundert Meter von der Strasse entfernt installiert, kommt auch schon der erste Hirtenjunge auf Besuch. Er heisst Mohammed und setzt sich gleich mal vor uns nieder und starrt uns an. Es ist nicht immer einfach eine Kommunikation aufzubauen. Mit Mohammed, der ausschliesslich Tamazight, die Berbersprache zu sprechen scheint, war der Anfang besonders schwierig. Mit der Zeit haben wir angefangen uns gegenseitig unsere Sprache beizubringen. Zum Schreiben nimmt Mohammed einfach einen flachen Stein und ritzt mit einem spitzigen die erwünschten Schriftzeichen ein. In der Sandwüste schreiben sie in den Sand, in der Steinwüste in den Stein. Eigentlich naheliegend und doch immer wieder faszinierend, wie einfach die Welt funktionieren kann. Bei uns glaubt man, dass ohne Computer ja nichts mehr geht. Es sind wohl einfach zwei verschiedene Welten.


Hirtenjunge Mohammed wächst uns schnell ans Herz und inspiriert uns mit seiner bescheidenen Lebensart

Auch am kommenden Tag kommt uns Mohammed wieder besuchen. Seine Schafe hat er meistens «an der ganz langen Leine». Die bekommen wir immer nur von sehr weit weg zu sehen. So schwierig der Anfang mit Mohammed war, so intensiver und besser wird unsere Beziehung schon am zweiten Tag. Er hilft mir bei kleinen Arbeiten am Wagen und wir können schon bald zusammen über Belangloses lachen. Am dritten Tag vermisse ich Mohammed bereits. Wir verzögern unsere Weiterfahrt noch um ein paar Stunden, aber Mohammed und seine Schafe tauchen heute nicht mehr auf. Wir waren uns nicht sicher, ob er gestern verstanden hat, dass wir heute weiterfahren. Er schien es verstanden zu haben. Alles Gute Mohammed und Danke für die Inspiration!



Region Amejgag, die Atlas Überquerung ist quasi schon geschafft

Kalaat M'Gouna, erste Stadt nach der Atlas Überquerung

Heute ist Silvester und wir wollen dieses abenteuerliche Jahr nach dieser eindrücklichen Atlas Überquerung an einem speziellen Ort verabschieden. Die Nächte sind immer noch um die Null Grad auf den über 2'000 Meter Höhe auf denen wir uns in den letzten Tagen bewegt haben. Also geht es nun runter in etwas wärmere Gefilde. Nach Kalaat M'Gouna bewegen wir uns nun wieder ostwärts zwischen Atlas und Anti-Atlas. Die beiden unterscheiden sich nicht nur in ihrer Höhe, sondern auch in Farbe. Während den Atlas mit seinen weit über 4'000 Metern Höhe verschneite funkelnd weisse Bergkämme krönen und sein Gestein in verschiedenen Rottönen speziell abends förmlich leuchtet, erscheint der viel niedrigere Anti-Atlas in allen Varianten von beige und grau. Kein Künstler hätte das geschmackvoller hinbekommen. Einmal mehr: Chapeaux Natur!


Auf den ersten Blick karge Einöde, aber voll von Überraschungen und natürlicher Schönheit

Kurz vor Tinghir nehmen wir schliesslich eine Seitenstrasse, die uns links hinauf auf eine Hochebene führt. Dann verlassen wir die Strasse komplett und fahren über einen Kilometer über Stock und Stein, bis wir da ankommen, wo wir es uns vorgestellt haben: In the middle of nowhere mit Aussicht auf alle Seiten. Atlas im Norden Anti-Atlas im Süden. Passt! Hier lassen wir das alte Jahr gerne gehen. Lass uns anstossen auf ein noch verrückteres und noch abenteuerlicheres 2023. Gesundheit und Prosit Neujahr!



Und als Zusammenfassung unserer Impressionen vom Hohen Atlas hier noch ein kurzes Video:


Nächster Blog: 2.6. Endlich Sandwüste



bottom of page