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2.7 Auf den Spuren des Mythos Südroute

OFFROAD TEIL 1


Wir sitzen mit unseren neuen Zürcher Freunden bei Tagine und einem Glas marokkanischen Rotwein in einem Camp am Rande des Erg Chebbi. Das Restaurant ist für unseren Geschmack viel zu kalt, selbst der herangeschleppte Gaspilz schafft es nicht, den grossen leeren Raum auf Temperatur zu bringen. Heute Mittag haben wir also unsere Dünen Idylle verlassen, um mit Christian und Monika und ihrem MAN Turtle Truck gemeinsam die viel beschriebene marokkanische Südroute in Angriff zu nehmen. Wir besprechen kurz den Tagesablauf der morgigen Startetappe. Den Vormittag reservieren wir, um unsere Vorräte in Merzouga auf Vordermann zu bringen. Streckentechnisch gibt es nicht viel zu besprechen, denn es gibt eigentlich nur eine direkte Route vom belebten kleinen Erg Chebbi ins einsame grosse Erg Chigaga. Unglaublich viele Overlander und Off-roader halten sich dabei mantramässig an die Streckenbeschreibung der sogenannten Pistenkuh, ein Expeditionsprofi und Marokko Experte, der diese Gegend schon X-fach mit seinem lila Expeditionsfahrzeug befahren hat. Gibt man die Strecke vom Erg Chebbi nach Erg Chigaga hingegen in einer beliebigen Off-road Navigations App ein, bekommt man genau dieselbe Strecke über Ramlia, Sidi Ali, Tagounite bis Mhamid und von da geht es ab in die südlich liegenden grossen Dünenlandschaften. An gewissen Passagen hat sich der Pistenverlauf seit den Aufzeichnungen der Pistenkuh natürlich bereits wieder verändert. Dies beobachten wir insbesondere auch an den Schlüsselpassagen in den ausgetrockneten Flussbetten, die sich wohl nach jedem Regen wieder neu gestalten dürften. Hier benutzt man am besten seinen gesunden Menschenverstand und fährt dort, wo der Untergrund an diesem Tag am besten fahrbar ist. Ob und wie viel an dem Mythos Marokkos südlichster Route und ihren Schwierigkeiten dran ist, wollen wir nun doch mal selbst erleben. Jetzt aber alles schön der Reihe nach.


Der offene Markt von Merzouga bietet erstaunlich vieles für die hiesigen Verhältnisse am Rande der Sahara. Die Frischwaren halten sich zwar in Grenzen und an Bio ist hier natürlich gar nicht zu denken. Trotzdem steigt meine Küchenchefin und Einkäuferin nach einem ausgiebigen auf und ab in der Marktstrasse dieses Wüstenstädtchen zufrieden ins Fahrzeug. Es kann los gehen, wir sind gerüstet für mindestens zwei Wochen, im Extremfall vermutlich auch drei oder vier.


Die ersten zirka 50 Kilometer sind noch asphaltiert und führen von Merzouga zuerst in südlicher Richtung bis Taouz, dann in südwestlicher Richtung immer schön parallel und in 20 bis 30 Kilometer Distanz zur algerischen Grenze. Ein nicht unwichtiger Teil des Mythos besagt, man solle die Nähe zur algerische Grenze unbedingt meiden. Die «bösen Buben» kommen natürlich alle von hüben und drüben. So die marokkanische und somit für uns einzig massgebende Version der Spannungen an der Grenze. Der geplante Track – sofern wir ihn nicht verlieren - wird uns nie näher als fünfzehn Kilometer an diese vermeintliche Gefahrenzone heranbringen, das wird ja wohl reichen, inshallah!


Inmitten des kleinen Dorfes Taouz greifen wir das erste Mal zu unserem Walki-Talki und informieren die MAN Crew, dass die Pistenkuh Strecke hier nicht mehr weiter geht. Früher gab es wohl noch keine Umfahrung, heute hätten wir da mal getrost auf der Asphaltstrasse bleiben sollen. Wenn man im Unimog eine Wahl zwischen Asphaltstrasse und offroad hat, wählt man unweigerlich offroad. Etwa genau so, wie wenn du als Skifahrer die Wahl zwischen einer planierten Piste und einem Tiefschneehang hast. Da musst du als Abenteurer nicht zweimal überlegen…


Kurz zurückgesetzt fahren wir schon bald auf den letzten Kilometern Asphalt, als dann endlich der Spass beginnt. Die nächsten 200 Kilometer sind nun Piste, Sand und Stein. Den Blick immer schön auf den Horizont gerichtet, fahren wir unseren Weg. Die Piste teilt sich immer wieder mal in verschiedene Fahrspuren. Ein jeder wählt, was ihm beliebt. Rütteln tun sie aber meist alle gleich. Immer wieder mal einen prüfenden Blick auf das GPS, ob die Abweichung auch nicht zu gross wird. Bei mehr als hundert Meter Abstand vom aufgezeichneten Track wird unter Umständen korrigiert. Mit jeder Minute Weg, die wir auf diesen Naturpfaden hinter uns bringen wird uns klar, dass es hier kein zurück mehr gibt. Da müssen wir nun durch und da freuen wir uns auch drauf!


Diese bizarre Gegend lädt uns zur ersten Übernachtung ein

Wir sind bereits in der Region Ouzina, als wir auf unserer rechten Seite eine kleine, in der Spätnachmittagssonne rotgelb leuchtende Dünenlandschaft erblicken, die uns zur ersten Übernachtung einlädt. Nach einem ersten Sandblech Einsatz unserer Freunde erreichen wir schliesslich die gewünschte Übernachtungs-Plattform. Hinten die Dünen, vorne das Tal mit Blick bis nach Algerien. Wenn immer möglich, sind wir zum Sonnenuntergang am Stellplatz eingerichtet und zum Apero bereit. Auch heute ist dies der Fall, der Auftakt zum Off-road Abenteuer ist geglückt.


oben: Abendturnen im Sand. Der Ernstfall wird zur Körperfitness genutzt

unten: Morgenturnen in den Dünen, wenn für die Fotografin das Licht am besten ist


Die zweite Etappe führt uns über schier unendliche Ebenen von Stein und hart gepresstem Sand, mitunter auch mal Wellblechpiste. Immer wieder überqueren wir auch kleine Wanderdünen. Im gut gefederten Unimog fühlt sich das an, wie Wellenreiten und macht unheimlich Spass. Schon bald erreichen wir einen kleinen Salzsee und schliesslich das berühmt berüchtigte Dorf Ramlia. Wir erinnern uns an die mahnenden Worte von Ahmed, unseren besorgten Gastgeber im Camp am Erg Chebbi. Auch er hatte uns vor den schwierigen Flussbettdurchquerungen kurz nach Ramlia gewarnt. Die Ein- und Ausstiege in die ausgetrockneten Flussläufe, sowie der sich darin befindliche Feinstaubsand a.k.a Fech-Fech seien schon vielen Offroadern zum Verhängnis geworden. Unser LKW Gewicht sei zudem als grosser Nachteil zu werten. Dagegen halte ich aber unseren unschlagbaren Rampen- (vorne) und Böschungswinkel (hinten) von 45°, sowie, dank unseren Portalachsen, die Bodenfreiheit von fast einem halben Meter. Auch unsere Freunde im MAN haben ein äusserst kompaktes Fahrzeug, das diesbezüglich unserem kaum nachsteht. Überhaupt ist Ramlia und sein Fech-Fech der Kern des Mythos Marokko Südroute. Also mal schauen, ob wir diesen Mythos entzaubern können?


oben: Am Ramlia Salzsee mit unserer Zürcher Begleitung Monika & Christian mit MAN Turtle


Schon zwei Kilometer vor dem Dorf erwarten uns die ersten jungen Leute, die sich uns als Guides durch den, wie sie sagen, äusserst gefährlichen Fech-Fech anbieten. Nur sie wüssten, wo es durch geht. Ohne sie seien wir verloren! Die Angst als Verkaufsargument, das kommt uns doch irgendwie bekannt vor… Wir sehen uns schon den Aasgeiern ausgeliefert, wollen es aber nicht wahr haben und treten kurzerhand aufs Gaspedal. Kurz ein Funkspruch nach hinten, dass sich das Anhalten bei den Jungs nicht lohnt. Schon wieder ignorieren wir die Ratschläge der Lokalbevölkerung, obschon wir das doch partout nicht machen wollten. Wir entwickeln aber langsam ein Gespür für Wohlwollen oder marokkanische Geschäftsidee. Sind wir mal ehrlich, womit können die jungen Männer in dieser gottverlassenen Gegend denn ihren Lebensunterhalt verdienen, wenn nicht mit smarten Konzepten, wie das eines Führers von einem Trockenflussufer zum andern? Viele Möglichkeiten kommen uns da nicht in den Sinn, also verdienen sie zumindest unsere Sympathie, wenn auch nicht unsere Dirham. Nur ein paar hundert Meter weiter stoppen uns zwei junge Mädchen, um uns ihre bunten selbstgemachten Dekos zu verkaufen. Das finden wir hingegen eine tolle Sache und wir schlagen hier auch gleich zu. Der farbenfrohe Wandschmuck passt perfekt in unsere vorwiegend in grau gehaltene Fahrerkabine und wird uns immer an Ramlia erinnern, ob wir nun durch den Fech-Fech kommen oder nicht.


Im Dorf sehen wir zwei ausländische Motorradfahrer in einem Berbercafe sitzen. Irgendwie beruhigt uns dieser Anblick und gibt uns das Gefühl, nicht ganz alleine hier zu sein. Ausgangs Dorf sind wir dann plötzlich umzingelt von einem guten Dutzend Kindern im Alter zwischen acht und dreizehn Jahren, so schätzen wir. Alle schreien sie auf uns ein, um uns «den richtigen Weg» zu zeigen. Zuerst lassen wir aber mal die Luft aus unseren Reifen und stossen ein Gebet zum Himmel, auf dass wir hier auch wieder lebendig herauskommen. Die Kinder machen sich einen Spass daraus, sich ans fahrende Fahrzeug zu hängen. Truck-Surfing nennen sie wohl ihr gefährliches Spiel. Sieht vielleicht gefährlicher aus als es ist, solange sie nur immer schön hinter der Hinterachse bleiben. Aber das Gefühl ist äusserst unschön, irgendwelche Kinder am Heckträger oder Unterfahrschutz hängen zu haben. Es gibt natürlich verschiedene Arten, sich davon zu befreien. Eine davon ist unsere Polizeisirene, die wir in einem solchen Moment mit Vorliebe einsetzen. Die Kids sind dann so baff vom Getöse, dass sie alles fallen und liegen lassen. Oft informiert das hintere Fahrzeug einfach das vordere via Funk. Den letzten beissen die Hunde.


Nun also auf zur Hauptherausforderung der Südroute. Jegliche Routenführung im Flussbett ist so ziemlich unbrauchbar. Wir folgen einfach immer der meist befahrenen Spur und das in gutem Tempo und einem Drehmoment, das sowohl nach oben, wie unten Raum für Tempoanpassungen bietet. Jetzt bloss nicht schalten, das führt zu unnötigem Schubverlust und kann schnell im Stillstand enden. Und Stillstand im Fech-Fech ist… Aasgeier! ;-)

Reifendruck wiederherstellen nach der Schlüsselpassage im Fech-Fech von Ramlia

Diese Schlüsselpassage ist nach gut zwei Kilometern dann auch schon überstanden. Ohne jegliche Schwierigkeiten, ja sogar mit viel Spass im stäubenden Sand. Auch dieser Teil des Mythos gilt für uns als komplett gebustet. Wie sagte doch der sympathische Overlander-Forumsteilnehmer: «Mit einem Unimog wird eure grösste Schwierigkeit auf dieser Route sein, dass ihr die Schlüsselstellen erkennt.» Er scheint – bis jetzt – wohl komplett recht zu behalten.


Bilder oben/unten: Weiche Formen mit und ohne Kontrast, ein ständig wechslendes Panorama



16:00 Uhr : Zeit für die Standplatz Suche

Wir haben uns im Team geeinigt, uns ab 16:00 Uhr für einen Übernachtungsplatz umzuschauen. In dieser Gegend ist das natürlich nicht schwierig. Man kann sich theoretisch gleich an die Piste stellen und da super ruhig und ungestört die Nacht verbringen. Mehr als ein, zwei Fahrzeuge pro Tag fahren hier zur Zeit nicht durch, wenn überhaupt. Die Gegend ist so menschenleer, dass man sich wirklich manchmal fragt, ob man noch auf dieser Erde weilt oder vielleicht doch schon auf einem anderen Planeten angekommen ist. Wir haben auch heute wieder nur etwa 50 Kilometer geschafft und es wird Zeit, sich ums Nachtlager zu kümmern. Eine knappe Fahrstunde vor der Oase Sidi Ali fahren wir von der Piste weg in Richtung einer riesigen Düne, die sich elegant in «S»-Form wie eine geschwungene Staumauer zwischen zwei kleine Bergrücken geschoben hat. Wir entscheiden uns für einen steinigen Weg auf den linken Rücken, anstatt direkt zur Düne zu fahren. Nach etwa einem Kilometer halten wir, um den vorgefundenen Platz auf seine Tauglichkeit zu inspizieren. Der Blick auf die S-Düne ist imposant, aber darum herum findet sich hier überwiegend grobes Geröll und unwegsames Gelände. Wie so oft in einer solchen Situation meldet sich meine bessere Hälfte zu Wort und meint, wir sollen doch unbedingt noch weiter rauf fahren, da wird es bestimmt noch viel besser. Nach einem anstrengenden Tag, wie heute und mit der Aussicht in wenigen Minuten sich im Campingstuhl zur Ruhe setzen zu können, lässt man sich nicht immer einfach dazu motivieren, doch noch einmal weiter zu fahren. In der Zwischenzeit habe ich aber gelernt, auf die Intuition meiner Beifahrerin zu hören, denn sie hat hierfür wirklich ein tolles Gespür entwickelt. Gesagt, getan. Einmal mehr verstossen wir gegen eine offroad Grundregel und fahren einen äusserst schmalen und steilen Pfad den Berg hinauf, ohne zu wissen, ob wir dort oben jemals wieder wenden können. Die Karte und das Höhenprofil geben mir aber eine gewisse Sicherheit, dass es da oben schon irgendwo genügend Platz geben wird für ein Wendemanöver. Der Unimog schnauft im Schritttempo über die wirklich grossen Steine und die Wohnkiste wackelt, was das Zeug hält. Ob es auch wirklich hält? Ausser zwei FRAME Tassen verzeichnen wir diesbezüglich seit Beginn unserer Reisen noch keinerlei Verluste. Entweder hat nun der Co-Pilot seine Ladung einfach immer perfekt gesichert oder aber der Fahrer fährt mit grossem Gefühl durch die wacklige Gegend. Wir argumentieren unser Glück immer wieder aufs Neue ;-)


Anfahrt auf den Bergrücken mit Aussicht

Unsere Zusatzleistung zahlt sich tatsächlich auch dieses mal wieder voll aus. Wir treffen auf einen flachen Bergrücken mit atemberaubender Sicht in alle Richtungen, inklusive der S-Düne, die nun weit unter uns liegt. Dies ist wohl einer der schönsten Übernachtungsplätze, den wir in Marokko bis anhin hatten und wir hatten schon viele, traumhafte Plätze in diesem faszinierenden Land gefunden.



Endlos scheinende Ebenen und plötzlich ein einsamer Baum

Tag drei wird zum Härtetest für Mensch und Maschine. Die Ebenen werden immer endloser und die Wellblechpisten fangen schon langsam an zu nerven. Immer wieder fahren wir an verlassenen Kleinoasen vorbei, die wie eine Fata Morgana aus dem Nichts auftauchen. Manchmal sehen wir einen Wächter, oft sind aber Tor und Tür einfach geschlossen. Keine Touristen und das anscheinend schon seit nun drei Jahren. Heute bläst zudem ein steifer Wind über die Prärie, der den Sand und Staub zu hohen Säulen auftürmen lässt. Wir bewundern diese unberührte Natur, wo nun die Dünen tatsächlich immer seltener und skurrile Steinformationen immer häufiger werden. Wir wissen von einem Militär Checkpoint nach welchem das Übernachten über eine Strecke von mehreren Kilometern nicht mehr gestattet sein soll. Entsprechend machen wir uns vorher schon mal auf die Suche eines geeigneten Platzes. Schon aus weiter Ferne vermeintlich am Ende der noch zu durchquerenden flachen Steinwüste erspähen wir einen Hügel mit Dünen Charakter. Der könnte uns etwas Schutz vor den tosenden Winden bieten. Um ihn zu erreichen müssen wir unsere Route etwas verlassen und zwar in Richtung der algerischen Grenze. Der Dünenhügel ist wohl doch nicht der perfekte Windschutz, aber als Apero-Stätte zum Sonnenuntergang eignet er sich für diesen Abend allemal.



Schmale Passstrassen, bitte ohne Gegenverkehr!

Der vierte und letzte Tag der offroad Strecke bis Mhamid zeigt uns die Südroute Marokkos nochmals in einem komplett neuen Gewand. Er ist gekennzeichnet von zwei Pässen, die vor und nach einer in Hufeisenform von Bergen gesäumten Ebene liegen. Vom Weltall betrachtet, muss diese geometrisch fast perfekte U-Form sehr unnatürlich aussehen. Ob dessen Entstehung mit einem Meteoriten zu tun hat? Wir haben es bis heute nicht herausgefunden. Im Schritttempo geht es für uns zweimal den steinigen Weg hinauf und wieder hinunter. Das Panorama, das sich uns dabei bietet ist einmal mehr unvergesslich. Was macht man, wenn man stundenlang auf schnurgeraden Pisten immerwährend dem Horizont entgegen rollt? Man verkürzt sich die Zeit beim Parallelfahren, um ein paar coole Videoaufnahmen mit der GoPro zu verewigen. Oder man jagt eine Windhose nach der andern, um für die geschossenen Szenen die Dramatik der harschen Element etwas zu steigern. Nicht zuletzt geniessen wir die Natur und die schier grenzenlose Freiheit, die wir hier in Marokko geniessen dürfen.




Es ist schon später Nachmittag, als wir kurz vor Tagounite bereits schon wieder Asphalt unter unsere dicken Reifen bekommen. Mhamid, der Ausgangsort für alle Expeditionen ins Erg Zaher oder Chigaga, liegt nur noch gute 60 Kilometer entfernt. Dort gibt es zahlreiche schöne Camps und manche davon bieten auch warme Küche. In der Pampa waren 60 Kilometer so in etwa eine Tagesstrecke, auf Asphalt werden wir das in einer guten Stunde schaffen. Wir geben nach vier Tagen offroad, oft im Schritttempo über Wellblech und grobes Gestein, nun endlich mal wieder richtig Gas und schaffen es bis zum Sonnenuntergang in unsere Oase ein paar Kilometer vor Mhamid.


Offroad Route gemeistert. Mythos entzaubert. Ein weiteres Abenteuer erlebt, von dem wir unseren Enkelkinder einmal mit Begeisterung erzählen werden. Wir lassen die vielen Eindrücke in den kommenden Tagen erst mal sacken und geniessen ein paar fahrlose Tage in einer kleinen feinen Auberge bei Hassan. Völlig unkompliziert geht er auf alle unsere Wünsche ein, bekocht uns fein und erzählt uns viele spannende Geschichten während dem Abendessen. Auf der einen Seite ist es immer etwas schwierig sich von diesen Bequemlichkeiten wieder loszureissen. Auf der anderen Seite hören wir nach ein paar Tagen förmlich das Schnauben und Wiehern unseres Unimogs. Er will wieder raus, weiter, mehr erleben. Oder sind es vielleicht doch nur wir, die das wollen?


Einkaufen direkt beim Bäcker in seiner Backstube

Das eigentliche Ziel ist ja nicht Mhamid, sondern das einsame Erg Chigaga. Also stehen wir nach zwei Ruhetagen auch schon wieder auf der Piste um die verbleibenden 30 Kilometer bis zum Endziel zu absolvieren. Ausgangs Mhamid wird die Strecke dann bald wieder sandiger und weicher. Wir schlängeln uns durch kleine Minidünen und einmal mehr erinnert uns das ans Skifahren. Auch hier gibt es zahlreiche Optionen, wo man durchfahren will. Immer nur schön die richtige Richtung halten. Oft frage ich meine Fahrpartnerin: Den linken oder rechten Track? Wenn sie dann mit «Der Mittlere!» antwortet, weiss ich, dass ich irgendwas übersehen habe. Eine alte Lebensweisheit kommt auch bei dieser Trackwahl zum Vorschein. Den Track, den du nicht gewählt hast, schaut einfach immer besser, sprich weniger ruppig aus, als derjenige auf dem du dich gerade befindest. Nachbar's Wiese ist immer grüner, selbst hier draussen in der sandigen Wüste!


Die Landschaft und somit die Fahrunterlage wechselt nun ständig. Irgendwie würden wir uns nicht wundern, wenn nach der nächsten Kuppe eine Apollo Rakete stehen würde, so sehr fühlen wir uns hier auf dem Mond und nicht mehr auf Mutter Erde. Bei einem kurzen Boxenstopp für den kleinen Hunger, Durst oder dessen Entsorgung entdecken wir plötzlich zwei Overlander Trucks in der Ferne. Sie scheinen in gleicher Richtung zu fahren. Selbstverständlich warten wir auf sie, denn dies sind in der Tat die ersten Overlander Kollegen, die wir seit über einer Woche auf der Südroute sehen. Und Juhee es ist ein Unimog dabei! Mitten in der marokkanischen Wüste ergibt sich spontan ein Overlander Get-together, wie es geplant nicht hätte besser ausfallen können. Die Gelegenheit wird genutzt, um Nummern und Social Media Kanäle auszutauschen. Wir bleiben in Kontakt!


Ein spontanes und unerwartetes Get-together von Gleichgesinnten mitten in der Wüste

Am Ende eines anstrengenden Tages gräbt sich die MAN Turtle gerne mal ein

Kurze Zeit später fahren wir schliesslich am Rande des Erg Chigaga in westlicher Richtung und suchen einen passenden Einstieg in die Dünen. Etwas frustriert sind wir nun schon, denn auch hier gibt es viel mehr Wüstencamps, als dass wir es uns vorgestellt haben. Sie zäumen das Erg fast schon wie ein Schutzwall, den es von uns zu durchbrechen gilt. Wir erklimmen eine erste Eröhung und warten gerade auf unsere Freunde, wie wir bemerken, dass der MAN Turtle seinem Namen wieder mal alle Ehre macht. Er gräbt sich gerade im weichen Sand ein. Camp Wächter eilen uns mit Schaufel zur Hilfe und verdienen sich von der Turtle Crew ein schönes Taschengeld. Immer wieder ermahne ich Christian über die Gefahr sich beim Befreiungsmanöver die Sandboards in den Fahrzeug-»Unterleib» oder gar die Dieseltanks zu rammen. Er meistert das aber bestens, sowohl beim vorwärts, wie beim rückwärts fahren. Ein Herausziehen mit den Bergegurten bleibt somit weiterhin pendent auf unserer offroad Learning-by-Doing Liste. Kaum eine halbe Stunde später gibt's dann ein befreiendes «All Clear!»


Übernachten neben einem geschlossenen Wüstencamp

Die Sonne ist nun schon knapp am Horizont und an einen weiteren Versuch ins Erg Chigaga hineinzufahren müssen wir auf den nächsten Tag verschieben. Wir bleiben punktgenau stehen wo wir sind, so quasi im geschlossenen aber gut bewachten Wüstencamp.


Neuer Tag, neues Glück. Wir versuchen es einen Kilometer weiter westlich auf Ratschlag unserer neuen Freunde der gestrigen Hilfsaktion. Doch auch da finden wir keine passende Stelle, zu steil türmen sich die Dünen vor uns. Wir entschliessen uns zirka zehn Kilometer weiter am vermeintlichen Ende der Wüstencamps Kette einen weiteren Versuch zu wagen. Wäre doch gelacht, wenn wir mit unseren Alleskönnern da nicht irgendwo einen passenden Einstieg fänden.




Die Dünen werden sanfter und die Einstiege breiter, hier kann es klappen. Obschon es in der Zwischenzeit bereits wieder Mittag und somit der Sand viel weicher ist, als am frühen Morgen, erklimmen wir nun eine Anhöhe nach der andern und kämpfen uns immer tiefer ins Erg hinein. Sobald auch das allerletzte Camp im Rückspiegel verschwindet, geben wir uns zufrieden und lassen uns gemütlich in einer nach Süden ausgerichteten Senke nieder. Umgeben von gigantischen Dünen finden wir nun Zeit und Musse bei frühmorgendlichen Fotosafaris oder abendlichen Dünenwanderungen. Wir Männer lassen es uns auch nicht nehmen nochmals mit den Fatbikes über's Dünenmeer zu rauschen und den wilden Dromedardamen nachzujagen ;-). Spätestens bei der zufälligen Begegnung mit Rachid's einfachen Karavane wird uns bewusst, wie wunderschön wir es hier haben, mit häuslichem Komfort inmitten atemberaubender wilder Natur.








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